Habichtstraße: Gemeinsame Demo für eine zukunftsfähige Verkehrsführung
Wie der Hamburger Straßenausbau den Koalitionsvertrag konterkariert und umweltfreundliche Mobilität ausbremst.
Im Jahr 2015 klang es noch vielversprechend: die Hamburger SPD und Grünen beschlossen in ihrem Koalitionsvertrag, dass im Straßenbau „bei Grundinstandsetzungen und Sanierungsmaßnahmen an der entsprechenden Stelle parallel Verbesserungen für den Radverkehr umgesetzt werden“. Nur ein Jahr später verkündete Rot-Grün mit großem Presserummel das „Bündnis für den Radverkehr“ und das Ziel, den Radverkehrsanteil in Hamburg („modal split“) von 12% (2008) auf 25% zu steigern.
Wir waren schockiert zu hören, dass die Stadt Hamburg nun für die Sanierung der Habichtstraße am Ring 2 eine nicht zeitgemäße Planung vorgelegt hat, die den Koalitionsvertrag nicht nur ignoriert, sondern die Situation sogar noch verschlechtert. Laut bisheriger Planung für die Sanierung sollen der Fuß- und Radverkehr auf einem minimal erlaubten 2,5m breiten gemeinsamen Fuß- und Radweg zusammengeführt werden. Die derzeit vorhandenen vier Kfz-Spuren bleiben unverändert erhalten und die Parkplätze werden sogar verbreitert.
Greenpeace, ADFC und Seniorenbeirat Nord haben daher am Sonntag, dem 25.3. zu einer Demo für einen zukunftsorientierten Umbau der Habichtstraße aufgerufen. Unterstützt von VCD, Fuss e.V., Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e.V., Stadtteilrat Barmbek-Nord, Stadtteilrat Dulsberg und dem Radentscheid Hamburg protestierten etwa 150 Personen für eine gerechte und lebenswerte Gestaltung der
Habichtstraße und hatten folgende Forderungen an den Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Herrn Horch:
„Getrennte Wege für Fuß- und Radverkehr, um Konflikte zu vermeiden. Zukunftsfähige Verkehrsflächen, auch für Lastenräder, Kinderanhänger und Pedelecs. Mehr Platz für Kinder auf dem Weg zu Kita, zur Schule, zum Sport, sowie für Senioren und Menschen mit Behinderungen. Lärm- und Abgasreduzierung durch weniger motorisierten Verkehr und Tempo 30. Angebot für Umstieg vom Auto auf ÖPNV und Fahrrad schaffen. Mehr Grünflächen und Bäume.“
Mit der Sperrung der Parkplätze und einer Fahrspur wurde eine mögliche Alternative für die Verkehrsplanung gezeigt: ein breiter, durch Barrieren vom Autoverkehr getrennter Radweg und ein rünstreifen mit blühenden Pflanzen sorgten dafür, dass Fußgänger und Radfahrer sich dort zumindest an einem Tag konfliktfrei bewegen konnten.
Nicht nur für den Kfz-Verkehr, auch für Radfahrer ist die Habichtstraße eine wichtige und kaum zu umgehende Verkehrsverbindung. Wird der Umbau allerdings so umgesetzt wie von der Stadt geplant, müssen sich Fußgänger, ältere Menschen mit Rollstuhl oder Rollator und Schulkinder den schmalen Weg mit dem durchfahrenden Radverkehr teilen. Da diese Verkehrsteilnehmer sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben scheint es absehbar, dass es hier zu Konflikten und auch Unfällen kommen wird. Mit den Radverkehrszielen von Rot-Grün ist eine solche Planung nicht vereinbar!
Die Habichtstraße ist darüber hinaus bekannt für schlechte Luft: die Stickoxid-Belastung ist noch höher als in der Max-Brauer-Allee oder der Stresemannstraße, wo aufgrund fortlaufender Überschreitung der EU-Grenzwerte in Kürze Fahrverbote in Kraft treten sollen. In der Habichtstraße tut die Verkehrsbehörde bisher nichts gegen die Belastung. Schon wegen der Gesundheit der Hamburger muss hier der Kfz-Verkehr dringend reduziert werden!
Trotz aller politischen Bekenntnisse: Wenn es um praktische Planungen geht, scheint die Stadt die heutige Kfz-Verkehrsbelastung als naturgegeben anzusehen. Dabei ist der Autoverkehr mit einer umfassenden Verkehrswende nicht mehr im heutigen Umfang nötig, wie eine aktuelle Greenpeace-Studie zeigt. Er kann mehr und mehr durch umweltfreundlichere und platzsparendere Verkehrsmittel wie Bus, Bahn, Fahrrad und Car-Sharing ersetzt werden. Der Neubau eines ganzen Straßenzuges, der die Gestaltung der Straße für mehrere Jahrzehnte bestimmen wird, muss das berücksichtigen!
Weiterführende Informationen
Gemeinsame Presseerklärung mit dem ADFC Hamburg
Verkehrswende für Deutschland: Der Weg zu einer CO2-freien Mobilität
Rot-grüner Koalitionsvertrag Hamburg 2015
„Bündnis für den Radverkehr“ des Hamburger Senats 2016
NO2-Messwerte der verkehrsnahen Stationen, Hamburger Luftmessnetz