Offener Brief an die Mitglieder der Verhandlungskommissionen der Hamburger Koalitionsverhandlungen

Wir haben heute den folgenden offenen Brief an diese Empfänger geschickt:

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Spitzenkandidatin
Anna Gallina, Landesvorsitzende
Anjes Tjarks, Fraktionsvorsitzender
Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie
Till Steffen, Justizsenator
Mareike Engels, stv. Fraktionsvorsitzende
Martin Bill, stv. Landesvorsitzender
Farid Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer
Anja Hajduk, MdB
Emilia Fester, Mitglied des Landesvorstands
SPD:
Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister
Melanie Leonhard, Landesvorsitzende
Inka Damerau, stv. Landesvorsitzende
Matthias Bartke, stv. Landesvorsitzender
Nils Weiland, stv. Landesvorsitzender
Dirk Kienscherf, Fraktionsvorsitzender
Ksenija Bekeris, stv. Fraktionsvorsitzende
Ole Thorben Buschhüter, Parlamentarischer Geschäftsführer
Andreas Dressel, Finanzsenator

Verkehrswende jetzt – die Klimakrise
geht trotz Corona weiter!


Sehr geehrte Mitglieder der Verhandlungskommissionen,
Hunderttausende Hamburger waren in den letzten Monaten auf der Straße mit einer eindeutigen Botschaft: Unsere Stadt muss mehr für den Klimaschutz tun und die Maßnahmen dazu müssen jetzt auf den Weg gebracht werden!
Das Verkehrswesen ist der einzige Sektor, in dem die CO2-Emissionen seit Jahren nicht gesunken sind.
Seit 5 Jahren möchte Hamburg „Fahrradstadt“ werden, aber passiert ist viel zu wenig. Noch immer präsentiert sich unsere Stadt zugeparkt statt modern und klimafreundlich.
Mit dem jetzigen Klimaschutzplan ist zu befürchten, dass das so weitergeht.
Deshalb heißt es für uns: Runter vom Gas im Individualverkehr und stattdessen Fahrt aufnehmen für eine grüne und soziale Verkehrswende!

Wir fordern, dass Sie in den Koalitionsverhandlungen ein Regierungsprogramm beschließen, das den Umbau zur Fahrradstadt endlich ernsthaft angeht.
Nehmen Sie dafür bitte die folgenden Forderungen in Ihre Koalitionsvereinbarungen auf.

1) Halbieren Sie die Anzahl der Autos und der Parkplätze in Hamburg bis 2030.
„Die Straßen sind zu eng, es gibt nicht genug Platz.“ Dieses Argument hören wir immer wieder. Doch es sind zu viele Autos, die die Stadt verstopfen! Mit einem guten und attraktiven Nahverkehr sowie besseren Radwegen kommen wir mit der Hälfte der jetzigen Anzahl an Autos aus. Wie das geht, zeigt zum Beispiel das Szenario „Verkehrswende für Deutschland“, welches das Wuppertal-Institut für Greenpeace erstellt hat.

siehe Studie „Verkehrswende für Deutschland“:
https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/verkehrswende-fuer-deutschland


Bus, Bahn und Fahrrad benötigen pro Person viel weniger Fläche als Autos sie für Fahrspuren und Parkplätze brauchen. Durch weniger Kfz wird also mehr Platz auf den Straßen geschaffen. Davon profitieren letztendlich alle Verkehrsteilnehmer – und es bleibt sogar noch Platz für mehr Grün und Lebensqualität in unserem schönen Hamburg!
Haben Sie den Mut, den Platz in der Stadt neu zu verteilen!
Das heißt auch: Bei allen Umbaumaßnahmen muss zukünftig mit den stark verringerten Kfz-Zahlen der Zukunft geplant werden statt mit denen von heute und der Vergangenheit.

2) Gestalten Sie Hamburg sicher für Radfahrer und Fußgänger – Null
Verkehrstote gemäß „Vision Zero“.

Mal wieder auf einem ungeschützten Radstreifen mit 50 cm Abstand von einem Lkw
überholt worden?
Freunde erklären Ihnen, dass sie sich nicht trauen, in Hamburg Fahrrad zu fahren?
Kinder allein mit dem Fahrrad zur Schule fahren lassen? Undenkbar!
Allein seit Januar kamen bereits drei Radfahrer*innen auf Hamburgs Straßen ums
Leben. Das darf die Politik nicht länger akzeptieren – jedes Leben zählt!
Hamburg muss die „Vision Zero“ – Null Verkehrstote endlich als Ziel ernst nehmen.
Sorgen Sie dafür, dass Radwege sicher von Kfz und auch von Fußgängern getrennt
sind.
Sorgen Sie für sichere Kreuzungen und Ampelschaltungen.
Sorgen Sie dafür, dass Unfälle für Radfahrer und Fußgänger nicht mehr tödlich enden,
und führen Sie überall, wo es bundesrechtlich nicht ausgeschlossen ist, eine
Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h für Kfz ein.

3) Stellen Sie mindestens ein Lastenrad pro Station im Stadtrad-System bereit.
Auch für Großeinkäufe wird kein Auto mehr gebraucht – Lastenrädern gehört die Zukunft. Dank Leihsystemen könnten diese allen Hamburgerinnen zugänglich gemacht werden. Die Lastenräder im Stadtrad-System sind ein guter Anfang – aber 70 geplante Räder bis 2025 sind viel zu wenig! Sorgen Sie dafür, dass bis 2025 mindestens ein Lastenrad pro Station zur Verfügung steht – dort, wo viel Bedarf besteht, auch mehrere.

4) Entlasten Sie Wohngebiete durch autofreie und verkehrsarme Zonen.
Gesundheitsschädliche Abgase, Verkehrsgefahren und Lärm gehören nicht in Wohngebiete! Kinder sollten unbeschwert draußen spielen, die „Großen“ entspannen können. Verkehrsberuhigte Zonen, die nur für Anwohnerinnen frei gegeben sind und in denen
Fußgängerinnen und Radfahrerinnen Vorrang haben – das sollte Standard für
Hamburgs Wohngebiete werden.
Wir wünschen uns mehr Autofrei-Projekte wie „Ottensen macht Platz“, um
Stadtteilzentren vom Autoverkehr zu entlasten.

5) Stärken Sie den öffentlichen Nahverkehr: Bauen Sie das Angebot aus und machen Sie ihn erschwinglich für alle.
Eins ist klar: Die Verkehrswende kann nicht ohne einen hervorragend ausgebauten, zuverlässigen und innovativen öffentlichen Nahverkehr stattfinden. Wir begrüßen natürlich die bereits angestrebte Emissionsfreiheit der Busflotte bis 2030 – aber damit
darf es nicht aufhören.
Sorgen Sie dafür, dass Bus und Bahn auch für Geringverdiener attraktiv werden, zum Beispiel durch Angebote wie das 365-Euro-Jahresticket.
Auch Pilotprojekte zu flexiblen öffentlichen Mobilitätskonzepten (z. B. Minibusse als Schnellbahnzubringer wie IOKI) müssen weiterentwickelt und stärker gefördert werden.
Der durch die Corona-Krise stark geschwächte ÖPNV muss wieder gestärkt werden und benötigt dafür Ihre Hilfe. Dramatische Rückschritte, ausgelöst durch die Corona-Krise, können wir uns beim Nahverkehr nicht erlauben.
Entwickeln Sie dringend ein krisensicheres Hygienekonzept für Busse und Bahnen, um die Infektionsgefahr zu minimieren.
Gewinnen Sie durch Aufklärung das Vertrauen der Fahrgäste zurück und stärken Sie die Nutzung durch attraktive Aktionsangebote.

6) Stoppen Sie den Bau neuer Autobahnen wie beispielsweise der
Hafenquerspange A26-Ost.

Wir waren in letzter Zeit auf vielen Klimademos mit dabei – eines konnten wir jedoch nicht hören: „Wir sind hier, wir sind laut, damit ihr uns ’ne Autobahn baut!“
Die Mobilität der Zukunft braucht keine neuen Autobahnen. Projekte wie z. B. die geplante Hafenquerspange A26-Ost (Höhe Moorburg) müssen gestoppt werden.
Denken Sie fortschrittlich und sorgen Sie stattdessen mit dem Bund für eine gute Bahnanbindung des Güterverkehrs.

7) Errichten Sie während der Corona-Krise temporäre Radwege.
Ermöglichen Sie, dass Social Distancing auch für Radfahrerinnen und Fußgängerinnen möglich ist.
Verbreitern Sie dafür Fuß- und Radwege, wandeln Sie Kfz-Spuren in Protected Bike Lanes um. Bogotá, Berlin und viele andere Städte haben es vorgemacht.
Nutzen Sie diese Chance und schaffen Sie Platz für das Fahrrad als alternatives Verkehrsmittel.
Sehr geehrte Abgeordnete, wir wünschen uns, dass Sie unsere Forderungen
sehr ernst nehmen.
Nehmen Sie konkrete Ziele zur nachhaltigen Mobilitätswende in Ihren neuen Koalitionsvertrag mit auf!
Arbeiten Sie transparent, erhöhen Sie Akzeptanz und Verständnis.
Echtes Umdenken ist nun gefragt!
Die Hamburgerinnen und Hamburger sind längst dazu bereit.

Mit freundlichen Grüßen
Die Ehrenamtlichen der Greenpeace-Gruppe Hamburg

Elfie Aschmutat, Hans-Jürgen Bartels, Florian Böhme, Christine Brandt, Gunnar Brandt, Merlin Christ, Julie Clausen, Solange Commelin,
Matthias Fidorra, Monika Gutte, Laura Sophie Hanssen, Maria Heghmanns, Anna Helberg, Lothar Hennemann, Carla Heusmann, Renate Homann, Eva Höning, Lars Klitscher, Wolfgang Kolk, Amelie Krause, Ann-Christin Kroh, Sylvia Kucera, Laura Maier, Marianne ONeill, Helga Richter, Christiane Schimke, Caroline Simonis, Marvin Sumfleth, Hans-Jürgen Tacke, Sara Trevisan, Gabi Wernecke, Rainer Zimmermann

Greenpeace Hamburg (Caroline Simonis, T verborgen) | Maria Heghmanns, T verborgen)
www.greenpeace-hamburg.de
Anschrift: Hongkongstraße 10, 20457 Hamburg

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